Wie ein Fussball im Reisbreitopf ...

von Holger Ströbel, Haller Tagblatt 20.06.2008


Auf Haller Äckern lässt sich wie durch ein Brennglas verfolgen, was die globalisierte Welt im Großen bewegt: Soll Getreide als Brennstoff vermarktet werden? Die Stadtwerke sagen Ja, die Bauern sind zwiegespalten.


Michael Reber, hier in seinem Mais-Acker bei Gailenkirchen, leitet einen der 172 landwirtschaftlichen Betriebe in Hall. Er ist Ortsobmann des Bauernverbands und diskutiert heute bei den Stadtwerken über nachwachsende Rohstoffe. Foto: Arslan

 Schwäbisch Hall  Stadtwerke-Geschäftsführer Johannes van Bergen hat einen Plan: Er möchte in Hall eine Biomethananlage bauen. Dort sollen Mais und Getreide in erdgasgleichen Brennstoff verwandelt und in ein Blockheizkraftwerk eingespeist werden. Im besten Fall, so steht es in einem Protokoll des Aufsichtsrates, "könnten wir etwa 15 Prozent des in Hall benötigten Erdgases selbst produzieren und den internationalen Erdgasbezug entsprechend reduzieren". Das Problem an van Bergens Idee: Die Stadtwerke brauchen zwischen 400 bis 500 Hektar Acker, um die zur Befeuerung der Anlage nötigen Pflanzen anzubauen - und das im Radius von 20 Kilometern, sonst rechnet sich das Projekt nicht. Woher die Fläche kommen soll und wer sie bewirtschaftet, das ist die Frage - und ein Streitpunkt.
 


Haller Landwirte, die städtische Ackerflächen gepachtet haben, fürchten die Kündigung. Der Bauernverband fragt sich, ob es Aufgabe einer städtischen Tochter sei, nachwachsende Rohstoffe zu produzieren und zu veredeln - "eine Kommune sollte nicht als Konkurrent einer gut strukturierten heimischen Landwirtschaft auftreten", sagt Helmut Bleher. Außerdem hat der Geschäftsführer des Bauernverbandes Angst vor Monokulturen: "Das ist, wie wenn ein Fußball in einen Reisbreitopf plumpst", so Bleher. Dass die Stadtwerke mit rund 400 Hektar Fläche auskommen, bezweifelt Bleher sowieso. "Wegen der Fruchtfolge braucht man das Doppelte", schätzt der Agrarexperte, "sonst sind die Böden ganz schnell ausgelaugt".

 


Was der Bauern-Lobbyist nicht verschweigt: Am liebsten würden die Landwirte das Biomethan selbst produzieren und dann einen größeren Teil der Wertschöpfung behalten. Ethische Bedenken (statt Nahrungsmittel werden Brennstoffe produziert) gibt es zwar auch, in erster Linie geht es aber ums Geschäft.

 

"Wir sind nicht gegen Bioenergie", sagt Helmut Bleher. Das sieht auch Hans Georg Reber so, der beide Seiten der Medaille kennt. Der Landwirt aus Gailenkirchen ist Haller CDU-Stadtrat und in dieser Funktion auch Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke. "Vom Grundsatz her sind die Ideen nicht falsch", sagt Reber, "für viele landwirtschaftliche Betriebe kann das ein Geschäftszweig der Zukunft sein".

 
Womöglich scheitert die Kooperation aber auch am Preis. Die Stadtwerke möchten, so Johannes van Bergen, möglichst langfristige Verträge abschließen, um die Investitionskosten von rund 10 Millionen Euro absichern zu können. Die Landwirte schielen auf die kurzfristigen Effekte des Weltmarktes und spekulieren auf steigende Rohstoffpreise.

 
Derzeit sind die Stadtwerke eher skeptisch. "Was die geplante Bio-Erdgasanlage. . .betrifft", heißt es in einer Vorlage an den Aufsichtsrat vom 24. April, "sind alle Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen deutlich negativ". Vielleicht liegt die Lösung des Problems auch jenseits der Haller Gemarkung. In Kupferzell besitzt die Stadt noch ein ehemaliges Munitionsdepot, das Muna-Gelände. "Das, oder ein Teil davon", so Halls Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim in einer Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke, "könnte für dieses Projekt reaktiviert werden".

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