Lokal melken - global denken ! Ministerialdirigent Joachim Hauck lenkt Blick der Milchbauern auf den Weltmarkt

Bei der Bezirksversammlung des Bauernverbands in der Burgberghalle Oberspeltach ging es um die Milch. Dabei wurde klar: Wer günstig produzieren kann, ist im Vorteil, vor allem bei offenen Märkten.

von Christine Hoffmann, Haller Tagblatt 28.1.2010

Landkreis Gerhard Bullinger ist mit großem Interesse nach Oberspeltach gekommen. Der Landwirt will sich anhören, was Ministerialdirigent Joachim Hauck zu sagen hat über die Chancen und Risiken der offenen Märkte und ihre Auswirkungen auf die Milchwirtschaft in Baden-Württemberg. Bullinger hat selbst 60 Milchkühe im Stall stehen. "In die Zukunft muss man immer positiv blicken, sonst gibt"s keine Zukunft", meint Gerhard Bullinger. Vom Ministerialdirigenten erwartet der Landwirt aus Rot am See "eine realistische Einschätzung und einen Dämpfer für überzogene Erwartungshaltungen, die unter den Milchviehhaltern weit verbreitet sind."

 

Es ist schon viel über Milch geredet worden. Über Preise und Quoten, über EU-Fördergelder und über den Weltmilchmarkt. Besonders letzteren gelte es genau im Auge zu behalten, fordert Joachim Hauck vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg. "Der Markt ist knallhart, niemand wird regulierend eingreifen. Und ab und zu wird er uns die Preise um die Ohren schlagen", so Hauck.

 

Freie Märkte bedeuteten mehr Chancen, aber auch mehr Risiken. Dabei seien die Aussichten gar nicht mal so düster: Die Prognosen für einen globalen Milchpreis bewegten sich mittelfristig im Rahmen von rund 30 Cent pro Liter, referiert der Agrarexperte.

 

Die EU-Milchquotenregelung läuft 2015 aus. Die Sorge, dass dann noch mehr Milch produziert und die Preise wieder fallen werden, sei nicht ganz unbegründet. "Der Mengenmarkt für Milchprodukte wird sich stärker am Weltmarkt orientieren", ist Joachim Hauck überzeugt. Eine Patentlösung für den deutschen Milchmarkt werde es nicht geben.

 

Wie aber sollen sich die Hohenloher Milchviehhalter den offenen Märkten stellen? "Es gibt verschiedene Optionen für die Zukunft", sagt Hauck. "Eine heißt Spezialisierung, um im Vergleich zum Mitbewerber eine günstigere Position einnehmen zu können." Auch sei die Arbeitseffizienz innerhalb des Betriebes von entscheidender Bedeutung. Große Betriebe, die gut organisiert sind, hätten auch 2007/08 ein gutes Ergebnis eingefahren, berichtet Hauck: "Dabei muss man nicht unbedingt 60 Milchkühe haben. Man kann auch mit 30 Kühen, zehn Fremdenbetten, ein paar Hektar Wald und einer Schnapsbrennerei ganz vernünftig leben."

 

Weitere Alternativen seien erneuerbare Energien, Direktvermarktung und Dienstleistungen wie Lohnunternehmen, Tourismus oder Pensionspferde. "Es muss nicht immer Milch sein."

 

Zweieinhalb Vortragsstunden und eine ausführliche Fragerunde später fühlt sich Landwirt Gerhard Bullinger bestätigt: "Es sind klare Worte gesprochen worden und es wurde nichts geschönt: Bauern müssen als Unternehmer zu 50 Prozent für sich selber sorgen." Außerdem müssten sie über den Tellerrand blicken und das große Ganze betrachten, gibt Bullinger Haucks Worte wieder: "Man kann nicht große Massen am Markt vorbei produzieren - und schon gar nicht zu einem Preis, der völlig überhöht ist."

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