Kumpels und Konkurrenten

Haller Tagblatt vom 6.12.2008, Bettina Lober


Ferkelpreise im Keller, aber nicht die Moral: Die junge Landwirte Dietmar Setzer, Jochen Heiner und Oliver Otterbach aus Gaisdorf halten durch und sind motiviert





Nein, mehr Muttersauen möchte er in seinem Stall eigentlich nicht halten, sagt Oliver Otterbach (32) aus Gaisdorf und blickt vom Traktoranhänger auf, den er gerade repariert. Es ist Nachmittag. Aus dem Stall nebenan dringen vergnüglich-gemütliche Spielgeräusche der Ferkel, Hofhund Sina beobachtet aufmerksam die Handgriffe ihres Herrchens und hat gleichzeitig die Ortsstraße im Blick. Der Beruf des Landwirts ist vielseitig - reicht von der Arbeit im Stall, auf dem Feld über Maschinenreparaturen bis zum ausgefeilten Management im Büro. Zusammen mit seinen Eltern bewirtschaftet Oliver Otterbach einen landwirtschaftlichen Betrieb mit rund 180 Muttersauen.
 

Er ist längst nicht der einzige Ferkelerzeuger in Gaisdorf. Auch Jochen Heiner (32), sein Hof liegt einige Meter nordwärts an der Ortsstraße, und Dietmar Setzer (33), der an der Straße Richtung Schönenberg seinen Betrieb hat, sind Ferkelerzeuger. Schon als Kinder hatten sie sich für Stall, Scheune und Acker interessiert, erzählen die drei. Sie sind in ihre Rolle als Landwirt hineingewachsen - und sie sind es gern. "Ich bin mein eigener Herr, habe keinen Chef vor der Nase", erläutert Setzer einen Vorteil. Und es gibt fünf weitere landwirtschaftliche Betriebe in dem Untermünkheimer Teilort mit rund 80 Einwohnern, in dem ja eigentlich alle Nachbarn sind. Acht Haupterwerbsbetriebe in einem Weiler, das habe heutzutage fast Seltenheitswert, meint Bauernverbands-Geschäftsführer Helmut Bleher.
 

Die drei jungen Gaisdorfer Landwirte sind gute Kumpels, aber auch Konkurrenten, die sich wie ihre Berufskollegen in der Region gleichermaßen mit den seit eineinhalb Jahren niedrigen Ferkelpreisen herumschlagen müssen. Sind die Ferkel in einem Alter von zehn oder elf Wochen und etwa 25 Kilogramm schwer, werden sie an einen Mastbetrieb weiterverkauft. In den vergangenen Wochen hat der Preis zwar wieder angezogen, im Schnitt gibts momentan pro Ferkel 52 Euro. Damit könne man jetzt einigermaßen die Produktionskosten decken, sagt Jochen Heiner, zumal die Futterpreise etwas nachgelassen haben. Das sollte aber möglichst stabil bleiben, um das Defizit der vergangenen Monate wieder zu decken. Immerhin wurden vor einem Jahr fürs Ferkel gerade mal 24 oder 25 Euro bezahlt, erinnert sich Heiner.
 

Das lang anhaltende Dauertief der Schweinepreise hat in letzter Zeit viele Bauern in die Knie gezwungen: "1991 gab es noch 2215 Muttersauenhalter mit insgesamt 76177 Sauen im Kreis Hall, im vergangenen Jahr waren es 745 Bauern mit 67597 Tieren, und aktuell sinds 683 Landwirte mit etwa 61000 Sauen - fast zehn Prozent der Sauenhalter haben im vergangenen Jahr aufgegeben", rechnet Helmut Bleher besorgt vor. Vor allem im Jahr 2008 habe ein "dramatischer Strukturwandel" stattgefunden. Der Ruf des Landkreises als Ferkelerzeugerhochburg stehe auf dem Spiel. Überhaupt seien im Ländle in den vergangenen Jahren rund 1,5 Millionen Ferkel weniger produziert worden. Derweil haben Dänen und Holländer das mit zusätzlichen Ferkel-Exporten kompensiert. Steigende Getreide- und Energiepreise erhöhen den Druck auf heimische Bauern.
 

Trotzdem wollen sie nicht in Pessimismus versinken. "Die Lage ist ernst, aber die Stimmung ist nicht schlecht", hat Bleher bei vielen Gesprächen mit Bauern schon auf der Muswiese gespürt. "Jammern bringt ja auch gar nichts", sagt Oliver Otterbach. Und Dietmar Setzer, bei dem rund 400 Sauen im Stall stehen, ist überzeugt, dass sich der Markt regeln werde. Die Krise sieht der landwirtschaftliche Unternehmer auch als Chance: "Alte Zöpfe werden vielleicht schneller abgeschnitten", und man dürfe auch nicht nur nach den Dänen schauen, "man muss besser werden, um zu überleben", sagt er anspornend.
 

Eine Diskussion um immer größere Einheiten habe im Ländle keine Zukunft, ist Bleher überzeugt. Das sehen die drei Gaisdorfer Landwirte auch so - auch wenn sie teils unterschiedliche Strategien verfolgen. Während Dietmar Setzer, der den Hof zusammen mit dem Vater betreibt, für sich einen auf Ferkel spezialisierten Betrieb durchaus vorstellen könnte, würde Oliver Otterbach auf die Sparte Ackerbau nicht verzichten wollen: "Das gehört für mich dazu." Er tendiere eher zum "geschlossenen System", was bedeutet, dass er die eigenen Ferkel auch selbst mästen würde. Auch Jochen Heiner möchte auf den Ackerbau nicht verzichten, "ich brauch die Abwechslung". Bis vor sechs Jahren standen bei den Heiners auch noch Kühe im Stall. Doch angesichts der Arbeitsbelastung und nötiger Investitionen hat man sich für Schweine entschieden - und zwei neue Ställe gebaut. Vor eineinhalb Jahren hat Jochen Heiner den Hof von den Eltern übernommen, und die helfen freilich mit.
 

Überhaupt, als Familienbetrieb ließen sich schwere Zeiten oft besser überstehen, sagt Setzer: "Da kann man den Gürtel eher enger schnallen." Und im Augenblick machen die Preise ja auch wieder richtig Mut - aber den haben die drei Gaisdorfer eigentlich nie verloren.

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