Gen-Charta: Freude und Skepsis
Nabu freut sich über "Etappensieg", Bauernverband warnt vor Verteufelung
Die
Verabschiedung der Gentechnik-Charta im Kreistag wird kontrovers
diskutiert. Der Nabu sieht darin eine Stärkung der regionalen Anbieter,
der Bauernverband jedoch warnt davor, die Gentechnik zu verteufeln.
von KARSTEN DYBA Haller Tagblatt vom 11. August 2009
Landkreis Für den
Kreisverband des Naturschutzbundes (Nabu) ist die Verabschiedung der
"Charta zum gentechnikfreien Anbau" ein "Etappensieg". Den Gegner der
Naturschützer benennt Manfred Mächnich vom Nabu klar: Die
"Agro-Gentechnik-Industrie und ihre Verbündeten in Politik und
Wirtschaft".
Der Nabu-Kreisverband hatte als Mitglied des
"Bündnisses gentechnikfreies Hohenlohe" in Briefen und Gesprächen mit
Kreisräten und Behörden die Verabschiedung der Charta unterstützt. "Die
Haller Charta stärkt gentechnikfreie Anbieter aus der Region, die durch
die Kennzeichnung ohne Gentechnik bei den Verbrauchern punkten können",
heißt es in einer Mitteilung.
Angesichts häufiger werdender
Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen erhofft sich der
Nabu eine Sensibilisierung der Bürger durch die Charta. "Der
Kreistagsbeschluss hätte in einem solchen Fall eine präventive Wirkung,
weil ein gewähltes Gremium den Gentechnikanbau im Landkreis für
unerwünscht erklärt hat", sagt Manfred Mächnich. Die Charta sei ein
Signal an die Politik, den Willen der Bevölkerung höher zu bewerten als
das Profitinteresse der Agrarkonzerne. "Natürlich freut sich der Nabu
über diesen Erfolg", so Mächnich. Dass ein Kreistagsbeschluss keine
Konsequenzen hat, weil das Thema "Gentechnik" nicht in die
Zuständigkeit des Landkreises fällt, sei dem Nabu aber auch bewusst.
In
der Kreistagssitzung hat CDU-Kreisrat Helmut Bleher, gleichzeitig
Geschäftsführer des Bauernverbandes Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems,
seine Position ausführlich dargelegt. Er warnte davor, die Gentechnik
grundsätzlich zu verteufeln und zum Sündenbock zu machen. Grüne
Gentechnik sei nicht "von Grund auf gut oder böse", genauso wenig wie
dies die Elektrizität oder Kernforschung sei. "Entscheidend ist, welche
Folgen eine wirtschaftlich nutzbare Anwendung hat", so Bleher.
Der
Kreisrat stellte die Frage, was "grüne Gentechnik" eigentlich sei und
wo sie anfange. Er argumentierte anhand der im Kreis angebauten
Futterpflanze "Triticale", die in den 20er Jahren durch eine Kreuzung
von Weizen und Roggen entstand. Dafür wurde die Natur mit einem
Alkaloid überlistet und eine eigentlich unmögliche Kreuzung erreicht.
"Ist
das schon Gentechnik?" fragte Bleher. Man könne nicht ausschließen,
dass die Forschung Arten entwickelt, die tatsächlich unbedenklich sind
und womöglich Vorteile bringen. Bleher sieht in der Biotechnologie den
"Zukunftsmarkt schlechthin", trat aber auch dafür ein, "strengste
Anforderungen zu stellen". Wünschenswert aus Sicht der Bauern seien
Pflanzen, die eine Kältetoleranz haben oder Weizensorten, die gegen
Pilzbefall resistent sind. Der Bauernverband sieht sich nicht per se
als Befürworter der Gentechnik: "Wir begrüßen es außerordentlich, dass
die Produktion von gekennzeichneten gentechnikfreien Lebensmitteln als
Marken- und Qualitätsprogramm in Hohenlohe gefördert wird", so Bleher.
Gegen
die Gentechnik protestiert dagegen die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft
Hall offensiv und innerhalb eines Bündnisses von sieben Verbänden: Das
"Bündnis Gentechnikfreies Hohenlohe" organisiert am 13. September eine
Anti-Gentechnik-Veranstaltung unter dem Motto "Vielfalt ernährt die
Welt" auf dem Ulmer Münsterplatz. Die Veranstaltung ist eine
Fortsetzung der Idee des Festivals "Rock for Nature" im vergangenen
Jahr, das Thema "Gentechnik" auf andere Art in die Öffentlichkeit zu
tragen