Bauerntag 2013 in Kupferzell: Landwirte erklärt euch ...

 

Was ist der Beruf des Landwirts eigentlich noch wert? Und wie ist sein Stellenwert in der Gesellschaft?

 

Müssen Landwirte das alles hinnehmen? Oder können Carl Vierboom, ein Wirtschaftspsychologe aus Hennef, beim Hohenloher Bauerntag in Kupferzell. Der Wirtschaftspsychologe Carl Vierboom gibt den Landwirten Tipps

 

Der Strukturwandel sucht die Landwirte in Hohenlohe seit Jahrzehnten heim. Wachsen oder weichen: So lautet die Devise. Das ist ein hartes Brot. Viele Bauern sehen sich aber auch zunehmend in eine Ecke gestellt, die ihr Selbstverständnis angreift, ihre Mentalität in Frage stellt, ihr Selbstbewusstsein mindert. Sie werden bedrängt: von pingeligen Verbrauchern, von protestierenden Tierschützern, von pedantischen EU-Bürokraten. Lebensmittel sind zur Massenware geworden, die Discounter unterbieten sich im Preiskampf. Was ist der Beruf des Landwirts eigentlich noch wert? Und wie ist sein Stellenwert in der Gesellschaft? Müssen Landwirte das alles hinnehmen?

 

Die Carl-Julius-Weber-Halle ist voll. 450 Besucher sind gekommen. Sie hören aufmerksam zu, als Vierboom von den „Bildstörungen in der Landwirtschaft“ spricht. Das Bild von früher und das Bild von heute: Es passt einfach nicht mehr zusammen. Kränkungen und Nervosität, Verunsicherung und Vereinsamung: Das alles hat der Experte ausgemacht. Sein Befund: Der Berufsstand ist ins „Schwimmen“ geraten, obwohl er doch Bodenhaftung haben müsste. „Denn sie haben ja den Boden.“

 

Die Gründe sind vielfältig. Vierboom setzt beim Verbraucher an. Er habe sich entfremdet von der Produktion. Lebensmittel seien im Überfluss vorhanden, die Kühlschränke voll, die Mülleimer auch. Schnäppchengier lasse die Preise purzeln. Der Essens-Alltag sei schwer gestört, die Ordnung dahin, dem Verzehr von Lebensmitteln einen übergeordneten Sinn zu geben. Ihn quasi zu heiligen, etwa mit dem Tischgebet. Der Urgrund dieses Genusses, der Rohstoff des Essens, er hängt in der Luft. So kann er sehr schnell skandalisiert, emotional aufgeladen werden. „Ohne eine kulturelle Einbettung“, so Vierboom, „wird Schlachten zu Mord und Totschlag.“ Was wiederum die „Protestbranchen“ auf den Plan rufe. Und schon ist das Image ramponiert. „Die Medien“, so Vierboom zu verallgemeinernd, tun ihr Übriges.

 

Der Psychologe rät: Besinnen Sie sich wieder auf den Kern und das Kapital der Landwirtschaft. Zeigen Sie Haltung in der Tierhaltung. Besetzen Sie Themen aktiv. Und kommunizieren Sie besser. Je mehr Globalisierung, desto höher der Bedarf an Regionalität. Je mehr Virtualität, desto mehr Faszination am Material. „Und dieses Material haben Sie.“ Die Bauernhöfe öffnen, mehr Regionalmarken schaffen, mehr Verwandtschaften herstellen: Das empfiehlt Vierboom. „Sagen Sie: Wir sind von Eurer Welt, wir sind von Eurem Fleische.“ Durchatmen Ganz schön viel Input.

 

Da muss mancher Bauer erstmal durchatmen. In den Reden davor ist manches einfacher. Und lauter. Klaus Mugele, Vorstandschef des Bauernverbands für Hohenlohe, Hall und Rems, wettert: Klare Absage zu den Kürzungswünschen der EU. Stilllegung von Flächen, weil es ökologisch schick ist: Nicht mit uns. Die Landwirtschaft in Hohenlohe sei grün genug. „Nur Verzicht auf Erzeugung und Überbetonung von ökologischen Anliegen: Das bringt keine Wertschöpfung. Wovon lebt denn unsere Gesellschaft, doch nicht vom Unterlassen?“ Mugele ist außer sich, die Menge applaudiert.

 

EU-Abgeordnete Inge Gräßle verspricht: „Die Landwirtschaft wird mehr oder weniger vom großen Streichkonzert herausgenommen.“ 56 Milliarden standen bisher jährlich bereit, bald entscheidet sich, wie es bis 2020 weitergeht. „Ich bin nur besorgt über die zusätzliche Bürokratie, die sich abzeichnet. Das kann so auf keinen Fall bleiben.“ Kommentar „Leidenschaft“

Zurück

files/bauernverband/hintergruende/Getreide.jpg