Die Landwirtschaft im gesellschaftlichen Wandel.

Für den Klima- und Artenschutz gibt es aus Sicht der Landwirtschaft keine generelle und einfache Lösung. Jedoch ist es - trotz existenzgefährdeter Lage - in der Vergangenheit unseren Landwirten immer wieder gelungen, sich den Märkten erfolgreich anzupassen und davon zu profitieren. Auf Presseanfragen wollen wir mit Einzelaussagen und Statements den Medien und der Gesellschaft zeigen, wie die Verantwortlichen und die Mitglieder des Bauernverbandes dazu stehen. Der Artikel ist in der Oktoberausgabe 2021 der RegioBusiness der Südwestpresse erschienen. 

 

Folgende Fragen wurden seitens Adina Bauer von der Südwestpresse SWP gestellt und hiermit beantwortet:

SWP Adina Bauer: Die heimische Landwirtschaft steht nicht nur vor der Aufgabe, Bäuche zu füllen, sondern muss auch Erwartungen an die Gesellschaft bedienen, aktuell vor allem in Fragen des Klima- und Artenschutzes. So wird zum Beispiel gefordert, dass die Landwirtschaft als Co2-Senke fungiert. Inwieweit ist das überhaupt möglich?

Jürgen Maurer: Pflanzen binden zunächst Kohlenstoff. In der Photosynthese wird CO2 in Stärke, Zellulose, Lignine und Sauerstoff umgewandelt. Beim Verbrauch der Pflanzen als Nahrung entsteht durch die Atmung ‚von Mensch und Tier‘ wieder CO2. Landwirtschaft ist also, wenn man den Kreislauf betrachtet, weitgehend CO2 neutral. Wenn es gelingt, CO2 in Wäldern, langjährigen Plantagen, aber auch im Humusanteil des Bodens längerfristig zu binden, gibt es einen positiven CO2 Effekt, weil CO2 solange aus der Umwelt entzogen wird, wie der pflanzliche Stoff nicht wieder ‚veratmet‘ oder verbrannt wird. Bauholz oder die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe zur Herstellung von langlebigen Produkten sind effektive CO2 Killer, weil der gebundene Kohlenstoff nicht wieder frei wird.

 

SWP Adina Bauer: Wie kann also eine klimafreundliche oder gar klimapositive Landnutzung aussehen?

Helmut Bleher: Im Gegensatz zu fossilem Kohlenstoff wie Öl, Kohle oder Erdgas bewegen wir uns im Bereich der erneuerbaren nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffe in Kreisläufen. Es wird nur soviel CO2 freigesetzt, wie zuvor in Mais, Raps, Rüben oder Stroh eingelagert worden ist. Die Landwirtschaft ist momentan sehr bemüht, darüber hinaus die, bei der Herstellung von Treibstoffen für Schlepper oder Düngemitteln benötigte Energie, möglichst CO2 neutral zu halten. Eine gute Lösung dazu ist: die Vergärung und Nutzung der bei der Tierhaltung anfallenden Gülle oder Mistmengen. Die Energie, die dabei entsteht, verdrängt fossilen Kohlenstoff und senkt damit den CO2 Verbrauch.

 

SWP Adina Bauer: In welchem Umfang setzen die heimischen Höfe das um? Wie wird hier Klima- und Umweltschutz gelebt?

Jürgen Maurer: Schon seit rund 30 Jahren steht die Nutzung nachwachsender Rohstoffe auf dem Acker ganz zentral im Mittelpunkt unserer Landwirtschaft. Biogas, Biotreibstoffe haben sich bewährt und müssten eigentlich massiv weiter gefördert werden. In den letzten Jahren ist die Effizienz stark gestiegen. Wir sehen trotzdem noch große Aufgaben aber auch hervorragende technische Chancen vor uns. Das CO2 Problem werden wir, da bin ich überzeugt, am ehesten mit Innovation, Forschung und Technik lösen können.  

 

SWP Adina Bauer: Diskussion und Forderungen stellt die Betriebe ja vor große Herausforderungen. Was wünschen Sie sich von der Politik für Hilfestellungen?

Jürgen Maurer: Wir sollten wegkommen, von einer romantischen - oder womöglich ideologisch verklärten - Sicht auf die Landwirtschaft, deren Bild oftmals durch Marketing des LEH verklärt wird. Landwirtschaft ist eine innovative Zukunftsbranche – zuallererst mit der Aufgabe, die Menschen auf unserer Welt zu ernähren. Wir wünschen uns einen objektiveren und realistischen Blick auf die Landwirtschaft und Vertrauen in unsere Arbeit.

 

SWP Adina Bauer: Und kann auch der Verbraucher unterstützen?

Helmut Bleher: Der Verbraucher kann seinen Teil dazu beitragen, indem er regionale Kreisläufe bevorzugt. Jeder Apfel, jede Kartoffel, jedes Stück Fleisch oder jeder Liter Milch, der nicht über große Entfernungen hergeflogen oder gefahren werden muss, sondern vom Erzeuger um die Ecke stammt, entlastet die CO2 Bilanz. Und: Er weiß, wo seine Lebensmittel herkommen!

 

SWP Adina Bauer: Würden sie sagen der Klimawandel ist eines der drängendsten Themen für die Bauern? Oder was sind weitere Faktoren, die die Landwirtschaft aktuell und künftig beeinflussen?

Helmut Bleher: Unser drängendstes Problem ist derzeit, dass die weltweite Globalisierung - auch der Agrarmärkte -nicht in der heimischen Politik oder in der Gesellschaft als Faktor gesehen werden. Bei uns meint man, mit einseitigen Reglementierungen unserer Landwirtschaft, das Weltklima retten zu können und sorgt durch die dadurch verursachten höheren Kosten dafür, dass gerade unsere Landwirtschaft nicht mehr weiter betrieben werden kann. Was nützt es dem Weltklima oder der deutschen Bevölkerung, wenn unsere regionalen Lebensmittel nicht mehr hier erzeugt werden können? Wenn die Menschen in Deutschland ihr Essen dann aus dem ehemaligen Regenwald oder aus China und Russland beziehen, wo das Thema Klimawandel nur untergeordnet betrachtet wird?

 

SWP Adina Bauer: Mit welchem Gefühl blicken Sie also in die Zukunft?

Jürgen Maurer: Landwirtschaft hat und wird sich immer an die jeweils aktuellen Probleme anpassen. Märkte wandeln sich und auch die Gesellschaft wandelt sich. Zunächst sieht es für die Bauern derzeit extrem schwierig aus. Mit der jetzigen Kostensituation kommen wir überhaupt nicht klar und die Preise werden vom liberalen Weltmarkt bestimmt. Trotzdem glaube ich, dass aktive und innovative Bauern eine Zukunft haben, wenn sie sich auf die Märkte ausrichten, die bestehen oder neue Angebote für unsere Freizeitgesellschaft schaffen. Auch die Erzeugung von ressourcenschonender Energie ist dabei ganz sicher ein Thema. Denn diese findet auf landwirtschaftlichen Flächen statt. Wir werden darauf achten, dass diese Potenziale von Landwirten und nicht von Großinvestoren genutzt werden. Das Gefühl ist durchwachsen, trotzdem sehe ich mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft.

 

 

Zurück

files/bauernverband/hintergruende/Trecker_Getreidefeld.jpg