Chef der Landwirtschaft ist der Verbraucher

Eine Auswahl an regionalem frischen Gemüse vom Biohof Hartmut Engelhardt aus Schönenberg/ Untermünkheim. Im Bild: Mitarbeiterin Gudrun Vogt bei der Bestückung von Öko-Kisten.

Hof Engelhardt, Untermünkheim- Schönenberg

"Wir sind mit unseren Produkten in der schönen Situation, dass wir es mit sehr bewussten Verbrauchern zu tun haben, betont Hartmut Engelhardt vom Biohof in Schönenberg. „Gerade jetzt bekommen wir viele tolle Rückmeldungen von Kunden, die wertschätzen, was wir als Landwirte tun. Sie stehen mir und meinen Mitarbeitern direkt gegenüber. Das macht viel aus und ist für uns genauso wichtig, wie die Tatsache, dass wir mit unserer Arbeit Geld verdienen. Dafür stehen wir jeden Tag gern auf!“

 

Allein die Öko-Kiste ist sehr beliebt in und um Schwäbisch Hall. So stieg die Nachfrage für die Lieferung von Produkten vom Biohof Engelhardt, besonders durch die Corona bedingten Einschränkungen beim Einkauf, sprunghaft an. „Das Neukundengeschäft war zu der Zeit kaum noch zu schaffen“, erinnert sich Landwirt Engelhardt. Inzwischen hat sich das Team von rund 90 Mitarbeitern in Schönenberg weiter verstärkt. Der Betrieb auf der Hohenloher Höhe baut „von der Scholle bis zum Teller“ im Schwerpunkt Gemüse an. Die Kunden kaufen die Produkte entweder auf dem Wochenmarkt in Schwäbisch Hall, im regionalen Lebensmittelhandel oder sie bekommen die Öko-Kiste direkt nach Hause geliefert. Auch in der hiesigen Gastronomie werden die frischen Waren verarbeitet. „Wir sind die einzigen Landwirte hier, die ein solch breites regionales Sortiment anbieten. Alles, was früher im Hausgarten wuchs, gibt es nun von uns.“ Hartmut Engelhardt hat den Hof vor 30 Jahren von seinem Vater übernommen und ein Jahr zuvor vom klassischen Betrieb auf 100% Biolandbau umgestellt. „Das war zu der Zeit sehr mutig, aber schon mein Vater hat mit Baum – und Heckenzeilen angefangen, das ökologische Gleichgewicht hier vor Ort wieder zu stärken. Ich selbst bin von Haus aus nicht sehr ängstlich oder pessimistisch. Also habe ich erste Sachen einfach ausprobiert. Aktuell bauen wir über 50 verschiedene Gemüsekulturen, Kartoffeln und Erdbeeren an. Das neue Gewächshaus hat uns noch breiter aufgestellt.“ Eigene Legehennen liefern zuverlässig die täglich frischen Bio-Eier und natürlich wird beim Anbau auf bodenschonende Pausenzeiten und Fruchtfolgen zum Humusaufbau geachtet. Nachhaltige Lebens- und Arbeitsweise ist auf dem Hof in Schönenberg selbstverständlich: alles wird zum Beispiel mit 100% Ökostrom betrieben, es wird mit Hackschnitzeln geheizt, die Wärmedämmung der Gebäude wurde über naturnahe Materialien und Bauweisen realisiert.

 

Zwei Söhne im Betrieb sind ein großes Glück und garantieren eine schrittweise Übernahme der Verantwortung. Seine beiden Söhne und zukünftigen Hofnachfolger Jonas und Hannes Engelhardt sind Gärtnermeister bzw. Gärtner und auf gutem Weg. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sie den Bereich Gemüsebau mit ihrem Team schon jetzt komplett allein managen. Ihrem Vater geht es dabei nicht nur um seine eigene Entastung sondern auch darum, „den Jungen Raum zu geben, denn sie wollen sich verwirklichen“, so der Biohof-Gründer. Eine Übergabe kann er sich nach eigenen Worten sehr früh vorstellen. Das ist ihm genauso wichtig, wie das gute Miteinander mit seinen Mitarbeitern. „So ein Betrieb mit viel Handarbeit lebt von fachlich guter Arbeit in einem sehr guten Team. Wir wollen uns jeden Tag gern begegnen“, betont der Hofinhaber. 

 

„Ich glaube schon, dass wir unsere Erde mit biologisch erzeugten Lebensmitteln satt bekommen würden, denn man kann damit mehr Menschen versorgen, als wir glauben.“ Davon ist Landwirt Engelhardt überzeugt. Er hegt jedoch keinerlei missionierende oder agitierende Gedanken gegenüber seinen Kunden, „denn wer zu uns kommt oder hier bestellt – will das auch.“ Er weiß aber, dass es ein starkes Umdenken bei vielen Kunden heißen würde: Lebensmittel anders einzukaufen und mehr dafür zu bezahlen. Das wären die Voraussetzungen für mehr Bio-Produkte. Hartmut Engelhardt wörtlich „Der Chef der Landwirtschaft ist der Verbraucher und die Verbraucher können die klassischen Landwirte heute nicht mehr so einfach erreichen“. Zwei Stufen sind dazwischen gebaut: die verarbeitende Industrie, wie Molkereien und Schlachtereien, und der Lebensmitteleinzelhandel. Zur, im Hinblick auf Früher, gestörten Verbindung zwischen Kunden und Landwirtschaft gehört auch, dass viele Verbraucher die Verantwortung für ihre Ernährung abgegeben haben. Sie sind ausschließlich der Kunde des Handels, sie haben kein direktes landwirtschaftliches Gegenüber mehr und greifen einfach ins Regal. Hier gilt es, übrigens nach Meinung vieler Landwirte, seitens der Verbraucher, Anspruch und Wirklichkeit selbst zu überprüfen. Positiv stimmt Landwirte wie Hartmut Engelhardt, dass immer mehr Menschen den Bezug zu ihren Lebensmitteln wieder suchen. Auf Hoffesten, an Verkaufsautomaten und Häuschen, bei generell offenen Höfen und Erkundungen können sie sehen, wo ihre Lebensmittel herkommen und wer sie produziert. Sie möchten den Ort und die Menschen kennenlernen und wissen: da kommt mein Essen her!

 

Naturkostladen auf vier Rädern – mit mehr als 2500 Artikeln. „Wir sind inzwischen eine regionale Drehscheibe für Kollegen und Kunden. Und diese Scheibe dreht sich relativ schnell. Dafür braucht es starke Partnerschaften, einen sehr, sehr schlagkräftigen Großhandel, für alles, was wir nicht selber anbauen“, schließt Landwirt Hartmut Engelhardt ab. Er ist hellwach, Mitglied im Bauernverband und immer offen für neue Entwicklungen. Auf seiner Agenda steht aktuell, zu schauen, was machen andere Partner und was ist weiter möglich. Zum anderen aber auch das Thema E-Mobilität für seinen Lieferservice und Solaranlagen für den Hof, da wo es Sinn macht. „Es macht viel Arbeit, aber es bleibt auch Zeit für nicht landwirtschaftliche Themen. So sind wir quasi Betreiber von 110 Schwalbennestern und wurden dafür vom NABU mit dem Titel Haus der Schwalben ausgezeichnet. Wir bauen auch gern nochmal an, wenn mehr Schwalben zurückkommen, als Wohnraum da ist“, versichert Hartmut Engelhardt als freundlicher Gastgeber.

 

 

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