Kann die Landwirtschaft helfen, den Energieengpass zu bewältigen?

Ein Hofbericht aus Satteldorf vom Hof der Familie Wackler, die seit Juni dieses Jahres eine neue Biogasanlage betreibt. Der Hofnachfolger Simon Wackler ist der Neffe der ursprünglichen Hofbesitzer. Er hat sich das gut überlegt. Er führt die GbR seit 2018 als Hauptanteilseigner zusammen mit seinem Onkel Wilhelm Wackler. Zur Neuausrichtung des Hofes gehört als zusätzliches wirtschaftliches Standbein nun auch eine Biogasanlage.         

„Das hat nicht an einem Punkt angefangen, sondern von klein auf“, erinnert sich der 27-jährige Hofnachfolger Simon Wackler. Schon in der Realschulzeit hat sein Onkel Wilhelm Wackler ihm gesagt, „dass er das weitermachen kann, wenn er will.“ Damit war und ist gemeint: Der Hof in Satteldorf-Gersbach mit 125 Mastbullen, inzwischen 550 Mastschweinen und insgesamt 90 Hektar Ackerland, Wiesen und etwas Wald. Gemeinsam haben sie entschieden, weiterhin Schweine zu halten. Dafür nehmen sie an der Initiative ‚Tierwohl‘ teil und deshalb haben sie den Bestand von ehemals 650 Tieren auf 550 reduziert. Denn nun brauchen die einzelnen Tiere mehr Platz im 22 Jahre alten Stall, dessen Größe unverändert bleibt. Bevor Simon im Jahr 2016 in die Hof-GbR eingestiegen ist, hat er natürlich die Realschule beendet, eine Ausbildung zum Landwirt und die Weiterbildung zum Techniker in Triesdorf gemacht. Ein Praxisjahr auf dem Hof hat die Bindung aus der Kindheit, wo er zusammen mit seiner Familie, mit Brüdern, Cousinen und Cousins immer wieder auf dem Hof gearbeitet und auch mal übernachtet hat, weiter gefestigt.

 

 

Was kann man tun, um den Hof neu und für die Zukunft aufzustellen? Auf einer Autofahrt im Jahr 2015 haben die beiden Wacklers über die Zukunft des Hofes diskutiert. So sind sie auch auf das Thema Biogasanlage gekommen und haben sich darüber informiert. Eine Projektarbeit auf der Technikerschule gab Simon Wackler die Möglichkeit, dies alles durchzurechnen und die Ergebnisse mit den Fachleuten und Kollegen zu besprechen. Er weiß noch genau: „Es ging darum herauszufinden, wie sich Kosten und Erträge verändern, wenn man in den einzelnen Produktionszweigen des Hofes etwas ändert. Ich habe das mit der Biogasanlage durchgerechnet und konnte meine Projektarbeit mit einem guten Ergebnis abschließen.“ Ein weiterer Grund für die immerhin achthunderttausend Euro schwere Investition auf dem Hof in Satteldorf-Gersbach, ist die Umsetzung der Umweltverordnungen in die Praxis der Landwirtschaft mit Hilfe eines Biogasprozesses. „Wir halten es für sinnvoll, mit den Reststoffen wie Gülle und Mist, die in den Kreisläufen der Höfe sowieso anfallen, umweltfreundlich zu arbeiten“, erklärt Wilhelm Wackler die Motivation. Hinter allem steht für den jungen Hofnachfolger Simon auch die Überlegung, wie er die vorhandenen Betriebsteile verändern und optimieren kann, ohne alles ‚auf den Kopf‘ zu stellen. „Es ist seine Anlage,“ sagt der Senior stolz in Richtung Simon Wackler. Für die Planung, alle Genehmigungen und den Bau einer eher kleinen 75 KW-Anlage wie die auf dem Hof Wackler, braucht es bis zur Inbetriebnahme zwei bis drei Jahre. Diese produziert nun seit Ende Mai rund 330 tausend Kubikmeter Gas pro Jahr. Daraus werden dann circa 657 tausend Kilowattstunden Strom umgewandelt, die ins Netz eingespeist werden. So ist jedenfalls der Plan.

 

 

Was passiert in einer Biogasanlage? Wie wird aus Gülle, Mist, Mais und Gras eigentlich Strom? „Teilweise ist hier noch Baustelle“, erklärt Simon Wackler. Die verwendeten Einsaat-Stoffe bestehen zu mindestens 80 % aus Gülle oder Festmist und zu maximal 20 % aus nachwachsenden Rohstoffen. Eine Biogasanlage, von der man mit etwas Abstand meist nur die halbrunde Haube sieht, besteht aus fünf Hauptbauten: Der Grube als Sammelbecken für die Reststoffe aus den Ställen, dem Lager für die Feststoffe, wie Mist, Gras und Mais, dem Fermenter zur Vergärung der Materialien und somit zur Gaserzeugung, dem Gärrestelager für die vergorene Masse mit Gasspeicher und einem Blockheizkraftwerk. Bei bis zu rund 50 Grad und mit Hilfe von Bakterien wird im Fermenter aus den genannten natürlichen biologischen Stoffen der Energiebringer Methan produziert. Deshalb der Name Biogasanlage. Das Gas wird unter der, aus mehreren funktionalen Schichten bestehenden, Haube über dem Gärrestelager gesammelt. „Bis zu 1100 Kubikmeter Gas passen da hinein“, zeigt der junge Landwirt stolz. Nach der Hauptvergärung im Fermenter werden die Rohstoffe dann im Gärrestelager deponiert. Nach 150 Tagen Verweilzeit, in dieser Zeit sind die Rohstoffe im Prozess, kann der sogenannte Gärrest als Dünger wieder auf den Feldern ausgebracht werden.

 

Hier und da muss an der neuen Biogaslange auf dem Hof Wackler noch mit Muttererde und Kies aufgefüllt oder verkleidet werden. Man sieht, dass alles ganz neu ist. 50 bis 65% der entstehenden Gase sind das energiebringende Methangas, welches über Rohrsysteme in das, direkt auf dem Hof integrierte, Blockheizkraftwerk geleitet werden kann. Ein Stromgenerator wandelt - noch auf dem Hof - über eine Turbine das Gas in Strom um, welcher in das Stromnetz eingespeist und dem Landwirt vergütet wird. „Die Vergütung ist durch die EEG-Umlage (A.d.R.: Vergütung zu Ausbau von erneuerbaren Energien) auf 20 Jahre zugesichert. Aktuell denken wir aber auch über eine zusätzliche Direktvermarktung unseres Stromes nach. Denn bei den aktuellen Strompreisen hat sich die Situation gewandelt“, sagt der junge Landwirt. Eine, zumindest teilweise, Direktvermarktung über die Strombörsen, wird für die stromproduzierenden Landwirte gegenüber einer langfristigen - aber niedrigeren - Absicherung immer attraktiver. Allerdings erfordert das viel Fachkenntnis und Zeit. Und dann sind da ja auch noch die Tiere zu versorgen. Denn ohne diese gibt es keine Reststoffe aus den Ställen, die in Strom umgewandelt werden können. Bei der Stromerzeugung entsteht selbstverständlich auch Wärme. Hier denken die Wacklers bereits darüber nach, eine neue Wärmeleitung bis zum Wohnhaus zu verlegen. So könnte die im Umwandlungsprozess entstandene Wärme nicht nur im Stall oder zur Trocknung, sondern auch zum Beheizen des Wohnhauses genutzt werden.

 

Dafür brauche ich die Tiere. Simon Wackler stellt klar, dass er die Tiere braucht und dass sie der Hauptbetriebszweig für das Hofeinkommen bleiben. Aber für seine ganz persönliche und für die Zukunft des Hofes ist es ihm wichtig, dass er so nun besser kalkulieren kann, wie er sagt. „Jedenfalls besser als mit der Erweiterung unserer Tierhaltung. So kann ich die nächsten 20 Jahre gut kalkulieren, zumindest für die Biogasanlage. Das habe ich beim Bau der Anlage gewusst“, erklärt er. Hinzu kommt, dass er mit der Wartung und dem Betrieb der Anlage zeitlich flexibler ist, als mit einer Erweiterung der Tierhaltung. Die Anlage muss nicht um fünf Uhr morgens versorgt werden, wie die Tiere. Gerade auch vor dem Hintergrund der steigenden Büroarbeit in der Landwirtschaft kommt das dem jungen Landwirt entgegen. Die Work-Life-Balance hat in der Landwirtschaft sowieso eine andere Bedeutung als zum Beispiel in der Stadt und die letzten Monate als Bau- und Anlaufphase haben viel Aufmerksamkeit sowie Zeit von Simon Wackler benötigt. „Aber es läuft schon gut an und ab und zu trifft sich der Freundeskreis im Partywagen“, freut er sich.

 

Was kann man mit einer Kilowattstunde Strom alles machen? Mit dem Strom von einer Kilowattstunde kann man beispielsweise 70 Tassen Kaffee oder ein Mittagessen für vier Personen auf dem Elektroherd kochen. Alternativ kann man damit eine Stunde lang am PC arbeiten oder TV schauen. Wer das alles nicht braucht, kann mit einer Kilowattstunde Strom eine Stunde lang Staubsaugen, eine Ladung Wäsche in der Maschine waschen, 17 Stunden lang eine 60 Watt-Glühlampe nutzen oder 15 Hemden bügeln. Es gilt immer nur ODER, versteht sich.

EEG-Umlage: Mit der EEG-Umlage wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien finanziert. Betreiber von Erneuerbare Energien-Anlagen, die Strom in das Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen, erhalten dafür eine festgelegte V

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