Auf die Anpassungsfähigkeit von Jungpflanzen setzen.

Heute ein Bericht von der Landwirtsfamilie Haag in Sulzbach-Berwinkel mit Waldbau, Milchviehwirtschaft und Rinderzucht. "Wir hoffen, dass die  Tannen und Fichten das veränderte Klima zukünftig besser aushalten“, erklärt Reinhold Haag. Er betreibt mit seiner Tochter Andrea und der gesamten Familie einen Hof mit Waldbau, besonderer Rinderzucht und Milchviehwirtschaft in Sulzbach-Berwinkel. Ihr bestes „Pferd im Stall“ heißt Somalia, ist 12 Jahre alt und hat schon 100 Tausend Liter Milch gegeben.   

„In den letzten zehn Jahren war keine normale Waldwirtschaft mehr möglich“, weiß Land- und Waldbauer Reinhold Haag aus Sulzbach-Berwinkel. Trockenheit und Stürme stellen die landwirtschaftlichen Betriebe im Wechsel vor große Herausforderung. Wird das sogenannte Bruchholz nicht schnell aus den Wäldern geschafft, bietet es einen guten Nährboden für Schädlinge, wie zum Beispiel den Borkenkäfer. Denn wenn der Baum erst mal auf dem Boden liegt, ist er geschwächt. Die Käfer gehen ihn an und die umstehend gesunden Bäume gleich mit. „Das heißt für uns Waldbauern: das Holz schnell aufarbeiten und aus dem Wald bringen. Davon gibt gerade reichlich und man kann es nicht lagern. Denn dann macht der Käfer weiter“, so Haag. „Allein der Orkan im Februar dieses Jahres hat bei uns 200 Festmeter Holz umgelegt.“ Aber auch die insgesamt zu trockenen Jahre befördern das Absterben der Bäume. Es gibt, laut dem erfahrenen Landwirt, zwar in Summe die gleichen Niederschlagsmengen, aber sie kommen als zu viel Starkregen im Sommer und viel Regen im Winter auf den Boden. Der Regen fehlt seinem Wald vor allem im Sommer. „Von überall kommt jetzt viel Käferholz, auch aus Österreich. Die Sägewerke schaffen es kaum. Das drückt den Preis enorm.“ Normalerweise bekommen die Waldbauern Haag rund 90 Euro für den Festmeter Holz, jetzt sind es nur 25 Euro, weil es viel zu viel Holz gibt.

 

Für den Wald ist das Sturm- und Käferholz die größte Herausforderung. 50 Hektar Wald bewirtschaftet er, Den bewirtschaftet er, wie seine insgesamt 82 Hektar Acker- und Grünland, seine Bullenzucht und die 100 Milchkühe auch, zusammen mit seiner Familie als GBR. Sie beschäftigen keine Fremdarbeiter auf dem Hof und setzen auf mehrere Standbeine für ihr Einkommen. Stolz sind sie darauf, dass sie bereits seit 130 Jahren Züchter sind. Eine ganz besondere genetische Kombination macht ihre Zuchttiere so wertvoll. Nur 1000 gibt es in Baden-Württemberg. Die Rinderunion in Herbertingen sucht die Kühe dafür aus, von denen sie vom Hof Haag 10 bis 20 Kälber pro Jahr ankauft.

 

 

 

Familienhof in vierter Generation. Seine Urgroßeltern haben den Hof 1887 in Berwinkel nahe der Bundestrasse gegründet. Damals waren es 12 Höfe im kleinen Ort, heute sind es noch gerademal zwei. Großflächiger Ackerbau ist aus topografischen Gründen hier nicht gut möglich, denn es gibt viele Hanglagen und dadurch reichlich Wiesen und Grünland. Das gemähte Grün geht, wie das eigene Getreide und der Mais auch, direkt in den Futtertrog. Tochter Andrea hat im sehr praxisbezogenen Fernstudium den Landwirtschaftsmeister gemacht. Sie gibt gern zu, dass „am Anfang auch schon was Anderes als Landwirtschaft zur Debatte stand. Aber wenn ich es nicht wollte, würde ich es nicht machen“, sagt sie und fährt mit dem Kleinlader forsch um die Ecke. Sie macht ihre Arbeit in der Landwirtschaft besonders gern, weil sie Liebe zu den Tieren empfindet und sich freut, gemeinsam mit ihnen Erfolg zu haben. „Jeder Tag bringt etwas Neues und ich bin viel draußen in der Natur.“    

 

„Wir setzen weiter auf die einheimischen Baumarten“, erklärt Reinhold Haag am Rande eines von ihnen aufgeforsteten Waldstückes. Obwohl seit rund 10 Jahren bekannt ist, dass der Klimawandel Auswirkungen auf den Wald hat, weiß man noch nicht, welche Baumarten das in Zukunft gut verkraften werden. Wie viele andere Waldbauern informieren sich die Haags dazu sehr genau. Sie lesen Fachberichte und bauen auf die Kenntnisse des Bruders von Reinhold Haag, denn der hat Waldwissenschaften studiert. Berufskollegen setzen beispielsweise auf einheimische Laubhölzer wie Buche und Eiche, deren Anbau staatlich gefördert wird. „Jeder macht da so sein eigenes Ding und probiert. Ich setze auf die Anpassungsfähigkeit der Jungpflanzen und hoffe, dass die Tannen und Fichten das veränderte Klima zukünftig besser aushalten“, erklärt Reinhold Haag. Zum Hof gehören mehrere Waldstücke zwischen Hasselbach und Fischbach. Ob das gelingt, werden vielleicht die Kinder seiner Tochter Andrea erfahren. Denn: Im Wald ist das mit den Erfolgen der Arbeit anders. „Das ist ein Generationenvertrag und das muss man bedenken. Ich sehe die Ergebnisse der Arbeit meines Vaters und meines Großvaters“, ergänzt Reinhold Haag die Frage, warum er seine Arbeit gern macht. Natürlich ist da die Tatsache, dass er gern mit Tieren umgeht, dass er immer sieht was er tut und dass er viel selber entscheiden kann. Der Hof ist Mitglied im Bauernverband und liefert die Milch der 100 Kühe an die Hohenloher Molkerei in Schwäbisch Hall. Die Haags wünschen sich, dass heimische Lebensmittel zukünftig genauso geschätzt werden, wie in der Corona-Zeit.

 

Heute besteht ein größeres Interesse am Stall. Andrea Haag beobachtet, dass in der unmittelbaren Umgebung an den Wochenenden viel mehr Spaziergänger und Radfahrer unterwegs sind als früher. Sie machen Halt am Stall, wollen die Kälber sehen und zeigen mehr Interesse an der landwirtschaftlichen Arbeit. „Ich wünsche mir, dass das Interesse bleibt“, sagt sie und tut auch etwas dafür. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Schule in Sulzbach und einem Verein werden Ferienprogramme mit Übernachtung angeboten. Sie weiß, „das bedarf viel Vorbereitung und Offenheit seitens der Verantwortlichen.“ Sie findet es wichtig, dass man damit bereits im Kindergarten anfängt, zu erleben und zu erfahren, wo und wie heimische Tiere leben und wo unsere Lebensmittel herkommen. Genau da kommt dann auch die beste Kuh im Stall zum Einsatz: Sie trägt den schönen Namen Somalia und ist 12 Jahre alt. Sie hat schon 10 Kälber geboren und ist eine von zwei sogenannten 100.000 Liter-Kühen des Hofes. „Das geht neben der Genetik und Fruchtbarkeit nur über das Wohlfühlen und die Fitness der Tiere – und über ihren Familienanschluss. Sie sind dann viel Menschen bezogener“, wissen die Landwirte Haag aus Berwinkel ganz genau.          

 

 

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