Versuch macht klug: Blühstreifen und Pheromonfallen zwischen den Apfelbäumen

Ein Hofbericht vom Obsthof der Familie Rembold in Öhringen-Baumerlenbach. Landwirt und Hof arbeiten erfolgreich im Pflanzenschutzmittelprogramm des Ministeriums für Landwirtschaft und Ländlichen Raum Baden-Württemberg MLR – für eine effektiv ausgewogene Ökologie und Ökonomie.  

Reduktion im Pflanzenschutz, Verbesserung der Bodenstruktur und Förderung der Insektenvielfalt. „Der Rembold macht Blumen in die Äpfel. Das sieht gut aus und ist gut für die Bienen.“ Genau darauf möchte der Gärtnermeister für Obstbau Albrecht Rembold aus Öhringen-Baumerlenbach nicht reduziert werden. Er führt einen landwirtschaftlichen Demonstrationsbetrieb, der dazu beiträgt, Forschungsergebnisse in der Praxis zu testen. Er möchte dazu beitragen, sowohl ökologisch als auch ökonomisch belastbare Daten zu liefern. „Mir ist es sehr wichtig, dass die nächste Generation eine gute Chance hat, den Betrieb weiterzuführen. „Ich möchte, dass beides eine Zukunft hat: Ökologie und Ökonomie. Deshalb bin ich im Pflanzenschutzprogramm des Ministeriums für Landwirtschaft und Ländlichen Raum Baden-Württemberg“, sagt er weiter. Er hat den Hof 2008 mit insgesamt 46 Hektar von seinem Vater Ferdinand übernommen, der seit 2006 voll auf Obstanbau, Lagerung und Vermarktung umgestellt hat. Bis zu 800 Tonnen Lagerkapazität für seine Äpfel und die seiner Kollegen können auf dem Obsthof Rembold bereitgestellt werden. Der Abverkauf läuft jeweils ab Herbst, aber bis in den nächsten Sommer hinein wird das Obst unter besonderen Temperatur- und Luftbedingungen frisch gehalten. Um den ganzen Betrieb zu bewältigen, arbeiten die Eltern und besonders die Frau des Hofinhabers, Katja Rembold, voll mit. Sie begrüßt zum Beispiel immer wieder Gruppen aus den umliegenden Schulen zu einer Lernort Bauernhof-Veranstaltung. So können diese hautnah erfahren, wo die Äpfel in der Küchenschale herkommen. Die beiden Kinder der Familie Rembold, Anne und Karl, sind 13 Jahre alt und helfen ebenfalls mit. In den Spitzenzeiten der Ernte sind bis zu 26 Erntehelfer auf dem Obsthof Rembold, für deren Zuhause extra ein kleines Hotel gebaut wurde. Die Rembolds möchten, dass ihre Helfer so wohnen, wie sie selbst gern wohnen würden in der Fremde.    

 

 

Mit Blühmischungen zwischen den Baumreihen voll in der Versuchsphase. Beim früheren Besuch einer Versuchsstation in Nordrhein-Westfalen hat Albrecht Rembold der Grundgedanke der Blühstreifen gefallen. „Nun bin ich der Blühstreifen-Guru im Obstbau von Baden-Württemberg“, sagt er schmunzelnd. Er sieht darin große Entwicklungspotentiale, weil die Blühmischungen zwischen jeder zweiten Baumreihe sowieso vorhandene Flächen sind und einer Doppelnutzung des Bodens entsprechen. Er verweist darauf, dass das früher schon mal so war. „Von den vierziger bis in die siebziger Jahre wuchsen zwischen den Obstbäumen Kartoffeln, Gemüse, Rüben und Getreide, denn es ging darum alle satt zu bekommen“, erinnert er. Er legt Wert darauf, dass sich für die nächsten zwei bis drei Jahre alles noch im Versuchsstadium befindet. „Ich stelle mein eigenes System immer wieder in Frage, um es weiterzuentwickeln und immer mit offenen Augen durch den Betrieb zu gehen“, sagt Obstbauer und Hofinhaber Rembold. Momentan nutzt er 30 verschiedene Sorten an regionalen Blühmischungen. Das ist wichtig, weil die hiesigen Insekten mit fremden Pflanzenarten, zum Beispiel aus anderen Regionen Europas, jeweils nicht gut klarkommen. „Wir probieren unterschiedliche Sorten, Standorte, Techniken und Zeiten – von ein bis fünf Jahre – um genügend Erfahrungen zu sammeln. Wir schauen genau, wo sind welche Insekten drin und wie verändert sich der Boden. Ich versuche insgesamt, Erkenntnisse aus dem Ackerbau in den Obstbau zu übertragen“, erklärt Albrecht Rembold.

 

 

Der Aufwand wird aktuell von uns selbst getragen. Er hat beobachtet, dass die Wurzeln der Blühmischungen nach einer mechanischen Auflockerung die Bodenstruktur verbessern helfen. Außerdem summt und brummt es nach seinen Erfahrungen reichlich und fördert somit die Insektenvielfalt. Aus den 40 Zentimeter breiten Streifen mit bis zu 40 verschiedenen Pflanzenarten wachsen nicht selten im Querschnitt 1x1 Meter große und prächtige Blühbeete, da die Apfelbäume weder eine Licht- noch eine Nährstoffkonkurrenz darstellen. Ungefähr 70 Ar in insgesamt zehn Hektar seiner Obstanlagen hat er davon angelegt. Sie bleiben in der Regel bis zu fünf Jahre lang stehen, ohne gemäht zu werden. Seit 2015 macht er das und sieht keine Nachteile oder Konkurrenz zu den Apfelblüten. Das passt für die Insekten zeitlich gut zusammen, denn die Äpfel blühen viel eher als die Blumen. „Nur die Feld- und Wühlmäuse sind mehr geworden, aber auch die Hasen und Rebhühner fühlen sich wohl und geschützt zwischen den Blüten und unter den gespannten Hagelnetzen. Hier ist ein Kleinklima entstanden und es sind durch den leichten Sonnenschutz über die geschlossenen Netze 5 Grad weniger als draußen. Auch die Vögel passen sich an, fliegen hinein und finden wieder hinaus“. Sogar einen Bussard hat er dabei beobachtet. Alles in allem ein hoher Aufwand. Für 20.000 Euro hat er spezielle Maschinen dafür angeschafft und pro Hektar Fläche benötigt er Saatgut im Wert von 500 Euro.         

 

 

Das MLR-Pflanzenschutzmittelreduktionsprogramm – Ein Paket aus mehreren Bausteinen. „Wir schauen regelmäßig, was passiert in den Anlagen? Sind schon Schädlinge da? Ist das schon bekämpfungswürdig?“ Diese Fragen stellt sich Agraringenieur Jonatan Wenz zusammen mit Hofinhaber Albrecht Rembold jede Woche. Wenz ist seit zwei Jahren regelmäßig auf dem Hof, um im Rahmen des Projektes zur Pflanzenschutzmittelreduktion im Obstbau des Ministeriums für Landwirtschaft und Ländlichen Raum Baden-Württemberg MLR zu erforschen, wann und wo man das ‚Spritzen‘ reduzieren kann. Es geht zum Beispiel darum, den exakten Zeitpunkt zu finden, zu dem gespritzt werden kann. Nach seinen Aussagen sind das sehr kurze Zeitfenster für ein effektives Eingreifen. Fallen mit Lockstoffen für Insekten hängen in Abständen in den Apfelbäumen und helfen bei der Ermittlung der Größe einer Schädlingspopulation. Das Projekt ist ein Gesamtpaket, wie beide sagen. Es besteht aus mehreren Bausteinen. So sind dafür auch viele Höfe in Baden-Württemberg mit Wetterstationen ausgestattet - 120 gibt es davon. Die Daten dieser vernetzten Meldestationen werden seit 1975 gesammelt, inzwischen durch Computer gestützt ausgewertet und für die Arbeit im Obstbau zur Verfügung gestellt. „Ganz einfach aufs Handy. Der Bauer muss ein Auge darauf haben können“, das ist Albrecht Rembold in jeder Hinsicht wichtig. Er schließt den Rundgang ab und sagt: „Es gibt im Südwesten von Deutschland viele kleine Obstbaubetriebe mit einem hohen Beratungsbedarf. Dafür sind die Berater der Landwirtschaftsämter vor Ort unterwegs, es gibt Schulungen und Treffen des Obstbauverbandes auf den Höfen. Hier schauen wir mit den Kollegen direkt am Baum, wie was wirkt und aussieht. Aber auch: Wie ist die Datenlage?“ Er hält professionelle Wettervorhersagen und Prognosemodelle für einen effektiven Pflanzenschutz. Mit seiner Arbeit ‚neben der Arbeit‘ hat er dazu beigetragen, dass eine aktuelle Studie zu dem Ergebnis kommen konnte, das der chemisch-synthetische Pflanzenschutz weniger Einfluss auf die Biodiversität im Obstanbau hat, als bisher angenommen.    

 

 

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