Braunvieh-Weidehaltung im Fränkisch Schwäbischen Wald

Hof Wurst in Hinterwestermurr: „Grünland ist mein Steckenpferd“, gesteht Hofinhaber Harald Wurst offen. Und das hat mindestens zwei gute Gründe. Schon bei der Anfahrt nach Hinterwestermurr glaubt man, versehentlich im Allgäu gelandet zu sein. Die gemütlich kauenden, hellbraunen Rinder liegen auf saftigen Wiesen und Hügeln. Der aus dem Ort in der Gemeinde Murrhardt ausgesiedelte Hof, liegt direkt am Wanderweg zum nahe gelegenen Ebnisee - mitten im Schwäbisch Fränkischen Wald.[nbsp

 

Wohin man auch schaut: viel Grün, Streuobstwiesen und Mischwald. Nach einem Brand durch Blitzschlag 1992, bei dem der ganze Familienhof samt Scheunen, Stroh und Stall vernichtet wurde, entschied die Landwirtsfamilie 1999, ganz neu anzufangen. Die Entscheidung viel auf das auch im Allgäu typische Braunvieh, eine Rinderrasse, die selbst im Stall sehr viel Ruhe ausstrahlt, die neugierig und fast verschmust ist. „Die Milch meiner 55 Kühe, mit unserer Nachzucht sind es 110, hat einen hohen Eiweiß- und Fettgehalt und geht an die regionale Hohenloher Molkerei in Schwäbisch Hall. Aktuell melken wir sie noch selbst im Melkstand.

 

 

 

Aber entscheidend ist die Qualität des Futters“, betont der 37 Jahre junge Landwirt. Gesundes Futter wächst auf seinen 55 Hektar Grünland mit sehr klein strukturierten Flächen, wo er immer wieder neue Saatmischungen ausprobiert. Selbst hier macht die allgemeine Trockenheit dem Ertrag zu schaffen und manchmal wächst einfach nichts mehr nach. „Wir verbessern das Grünland, denn wir brauchen eine stabile und qualitativ hochwertige Grasnarbe. Unsere Jungrinder sind von April bis November, solange das Gras da ist und bis der erste Schnee fällt, in vier Gruppen draußen“, erklärt Harald Wurst. Jungtiere kommen ab dem Alter von einem Jahr auch auf die mit Draht gegen Wildtiere gut gesicherte Standweide. Die Weiden werden systematisch gewechselt. Kälbchen leben die ersten drei Wochen geschützt in kleinen sogenannten Iglus. Danach leben sie in Gruppeniglus. „Die Tiere fühlen sich wohl auf unseren Weiden. Aber wir sind im Herbst immer wieder froh, wenn alles gut gelaufen ist“, erklärt der Hofinhaber im Hinblick auf die Möglichkeit, dass Rinder auch mal ausbrechen, zum Beispiel wenn sie Angst haben oder sich sehr erschrecken. Zum Beispiel vor Wildtieren oder nicht angeleinten Hunden.

 

 

 

Der Tourismus auf unserem Wanderweg hat sehr zugenommen. „Es gibt seit diesem Jahr sehr viel mehr Interessierte an der Landwirtschaft als früher. Wir werden deutlich mehr geschätzt und hoffen, dass das so bleibt“, freut sich der Hofinhaber. Zuerst steuern die Wanderer und Radfahrer immer die Kälber an. Werbeschilder am Stall weisen auf das besonders gut marmorierte Fleisch hin. Der umtriebige Landwirt weiß: „Regionales Fleisch und Direktvermarktung ist der Trend, deshalb verkauft er an regionale Metzger. „Aber man muss schon viel Zeit investieren. Manchmal komme ich vor lauter Fragen der Besucher kaum zum Arbeiten.“ Sein Braunvieh hilft selbst mit, so kommt Morle zum Beispiel immer nach vorn. Sie ist neugierig und stellt sich gern in die erste Reihe. Seine Tiere tragen so schönen Namen wie Carla, Katja und Hilde, auf die sie auch hören. In Kürze wird der Stall für einen neuen Melkroboter umgebaut. Der konventionell wirtschaftende Landwirt verspricht sich davon bessere Milcherträge, noch mehr Tierwohl und Flexibilität – sowohl für seine Milchkühe, als auch für sich.

 

Ich schaffe nicht nur für die Landwirtschaft. Harald Wurst ist Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Murrhardt, Abteilung Fornsbach. Er vertritt seinen Berufsstand der Gemeinde im Vorstand des Bauernverbandes und war als damaliger Vorstand der Landjugend im Murrtal bereits viel im Land Baden-Württemberg unterwegs. Er möchte sich austauschen, Kontakte zu anderen pflegen und deren Meinung hören. Er setzt sich dafür ein, dass die Menschen in Zukunft mehr Rücksicht auf die Landwirtshaft nehmen: ob im Wald, auf dem Feld, beim Wandern, Joggen und Radfahren. „Aber,“ so sagt er, „mich kann man einfach fragen!“ Das gilt natürlich auch für die Praktikanten und Auszubildenden in seinem Ausbildungsbetrieb, die mit allen Themen zu ihm kommen können.

 

 

 

„Mit mir kann man immer reden“ hebt Landwirt Harald Wurst mehrfach hervor. Er hat den Ruf, dass man ihn immer um Rat oder Hilfe fragen kann. Das kommt daher, dass er nach eigenen Aussagen jederzeit bereit ist, sich im Kontakt mit Kollegen zu informieren und Neues auszuprobieren. „Ich springe auch gern irgendwo auf und schaue über den Tellerrand.“ Das spricht sich rum und so finden Fachabende für das Thema Grünland auf seinem Hof mit Braunvieh mitten im Rems-Murr-Kreis statt. Ebenso befindet sich eine Nachsaatmaschine des Maschinenrings auf seinem Hof. Diese kann von den Mitgliedern ausgeliehen werden. Zudem berät oder unterstütz Harald Wurst andere Landwirte damit direkt für und bei der Nachsaat auf deren Grünland. Während seiner insgesamt siebenjährigen Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker und Landwirtschaftsmeister war er vier Monate in Canada, um Landwirtschaft in Nordamerika zu erleben. Besonders beeindruckt haben ihn und seine mitreisenden Kollegen die riesigen Felder, soweit das Auge reicht, und die sehr hilfsbereiten und entspannten Menschen. „Das haben die sich, trotz der vielen Arbeit in der Landwirtschaft, erhalten“, bewundert er. Er wäre gern länger geblieben, aber die Meisterprüfung und der Hof riefen ihn zurück. Vor vier Jahren hat er diesen nun übernommen. Die Eltern, und in der Erntezeit auch der Bruder und Freunde, helfen ihm dabei. 19 Hektar Wald und 12 Hektar Acker für Mais und Getreide gehören ebenso zur Bewirtschaftung. Und, fast hätte er`s vergessen: 70 Hühner in Freilandhaltung für täglich frische Eier.      

 

 

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