Brenner macht den Aromen Dampf

von Jürgen Koch, Hohenloher Zeitung


An rund 40 Tagen im Jahr wirft Ralf Keil in Renzen den ölbefeuerten kupfernen Brennkessel an – überwiegend zwischen November und Februar. Bei 72 Grad kommt die Destillation in Gang.

Pfedelbach - Der erste Brand ist immer wieder spannend“, sagt Ralf Keil. „Sind Duft und Aroma des Obstes wirklich erhalten worden?“ Das ist für den 33-jährigen Weinbaumeister und Brenner aus Alt-Renzen die entscheidende Frage. An rund 40 Tagen im Jahr wirft Keil den kupfernen Brennkessel an – überwiegend zwischen November und Februar. „Das sind die wichtigsten Brennmonate“, sagt er.


Maische Doch ehe es ans Brennen geht, muss das Obst zerkleinert werden. „Man muss die Frucht erst einmal zerstören, damit sie später gären kann“, sagt Keil. Kernobstsorten wie Apfel, Birne oder Quitte vermust er in der Rätzmühle, eine „Art Gartenhäcksler für Obst“. Steinobst wie Kirsche oder Mirabelle wird gestampft oder schonend gerührt, um den Kern nicht zu verletzen, der unerwünschte Bitterstoffe und Blausäure enthält. Der jeweilige Obstbrei, sprich die Maische, wird in Kunststofffässern „eingeschlagen“.


Die Gärung unterstützt Ralf Keil mit speziellen Reinzuchthefen, die den Zucker der Früchte in Alkohol umwandeln. Zum Teil im Oktober schon sind Bukettsorten wie Williams-Christ-Birnen dran. „Die lässt man höchstens zwei bis drei Wochen gären und sollte sie noch im Herbst brennen, um das maximale Aroma rauszuholen“, sagt der Brenner. Später reifes Kernobst wird erst Ende Oktober eingemaischt. Weil’s dann kälter ist, braucht die Maische länger zum Gären. „Da kann es schon mal Frühjahr werden“, so Keil.


Destillation „Wenn man’s Aroma nicht riecht, war’s nichts“, sagt er, schnuppert an einem Apfelbrand und strahlt mit seiner blank polierten kupfernen Brennanlage um die Wette. Offensichtlich ist er mit dem Ergebnis zufrieden.


Bis aufs Zehntel kann er mit der Prozessor-gesteuerten Anlage, die so viel kostet wie ein guter Mittelklassewagen, die Temperatur des Wasserbads steuern, mit dem die Maische erhitzt wird. Vorteil: ein Aromen schonender, gleichmäßiger Destillationsvorgang. Auch der Zoll hat seine Finger im Spiel. Als Kleinbrenner mit Obstbrennrecht muss Keil vor jedem Brand Beginn, Obstsorte, Maischevolumen, Zahl der Brände und voraussichtliche Brenndauer anmelden.


Ölfeuerung In der Regel beginnt Keil um 7 Uhr morgens. Während viele Brenner ihren Kessel noch mit Holz befeuern, drückt Keil den Knopf seiner Ölfeuerung. Etwa 30 Minuten dauert’s, bis das Wasserbad erhitzt wird. Derweil füllt Ralf Keil 120 Liter Apfel-Maische in den Brennkessel. Nach rund einer Stunde hat die Maische 72 Grad. Der Destillationsvorgang kommt in Gang, die ersten Alkoholdämpfe steigen nach oben und durchströmen die „Verstärkerkolonne“.


An drei so genannten Kochböden werden die Dämpfe gebremst, von unerwünschten Stoffen gereinigt, kondensieren, verflüssigen sich und werden immer eine Stufe nach unten geleitet. „Dabei entsteht jeweils ein neuer Destillationsvorgang, Alkohol und Aroma konzentrieren sich“, erklärt Ralf Keil. Vorteil: Während herkömmliche Anlagen dafür jeweils einen eigenen Brennvorgang benötigen, schafft Keils Anlage eine Vierfachdestillation in einem Vorgang. Schließlich werden die Alkohol- und Aromadämpfe im Kühler heruntergekühlt, kondensieren und tröpfeln gleichsam als flüssige Frucht in den Edelstahleimer.


Ausbeute Doch nicht alles, was tröpfelt, kommt auch in Flaschen. Bezogen auf 100 Prozent Alkohol ist rund ein halber Liter „Vorlauf“ unbrauchbar, weil er stechende Acetaldehyde und hochgiftiges Methanol enthält. „Direkt nach dem Vorlauf sind Aroma und Alkohol am stärksten und nehmen dann Schritt für Schritt ab“, sagt Ralf Keil. Mit rund 90 Volumenprozent – Indiz für sehr reinen Brand – beginnt in Keils Anlage der Hauptlauf.


Ungenießbar sind aber auch rund anderthalb Liter Nachlauf, die muffig schmeckende Fuselalkohole enthalten. Unterm Strich bleiben von 120 Liter Maische rund fünf Liter Apfelbrand mit 80 Prozent Alkohol. Gut für 16 Halbliter-Fläschle mit 40 Prozent Trinkstärke. Durchaus interessant ist auch eine weitere Rechnung: Ein Liter Apfelbrand mit 40 Volumenprozent Alkohol schluckt etwa acht Kilo Obst. Mit 16 Kilo Obst pro Liter deutlich geringer ist die Ausbeute bei Quitte.

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