Ferkel kommen in die Schule
Sie ist 39 Jahre jung, dynamisch und sprüht geradezu vor Tatendrang und Ideen. Seit 1999 besucht sie mit ihrem "pfiffigen Bauernhof auf Rädern" Kindergärten, Schulen oder Dorffeste.
Kürzlich hat Kerstin Gronbach von den Bauernverbänden im Kreis einen Werkvertrag für ihre "kleine Schweineschule" erhalten. So organisieren die beiden Bauernverbände in der Modellregion Hohenlohe eine moderne Öffentlichkeitsarbeit.
"Sind Schweine faul?" "Können Schweine schnarchen?" "Schwitzen
Schweine?" Kaum eine Frage, die Kerstin Gronbach noch nicht gehört
hätte. Und selten, dass sie eine Antwort schuldig geblieben wäre. "Ich
rede mit Kindern in ihrer Sprache und ich sag´ ihnen einfach, wie´s
ist", beschreibt die agile Landwirtin ihr Motto. "Und wenn ihr ein
Schnitzel essen wollt, dann muss man die Schweine halt vorher
schlachten."
Mit ihrer "Kleinen Schweineschule" begeistert die in Michelbach/Heide
lebende Bäuerin Kinder aller Altersstufen. Dies nahmen die hiesige
Bauernverbände zum Anlass, beim Modellprojekt "Hohenlohe aktiv"
Fördermittel für einen "Bauernhof auf Rädern" zu beantragen. Die
Förderung: knapp 15.000 Euro.
"Das Immunsystem von Schweinen ist sehr empfindlich, deshalb können wir
Besuchern keine Führungen durch Ställe anbieten. Die Schweine könnten
erkranken," erläutert Helmut Bleher, Geschäftsführer des
Bauernverbandes Hall, die Hintergründe. So scheint es nur konsequent,
mit Ferkeln zu den Menschen zu fahren.
Hinter Gronbachs Projekt, und darüber freut sich Bleher besonders,
stehen die großen Produzenten der Region. Allesamt sind sie überzeugt,
dass diese Imagekampagne Früchte tragen wird. Immerhin 250 mal wird
Gronbach mit ihren Ferkeln im Rahmen des Werkvertrages aufbrechen.
Dabei wird sie in knapp drei Jahren rund 6.500 interessierten Menschen
die Grundzüge des modernen Landlebens vermitteln. Im Laufe ihrer
Selbstständigkeit hat die Landwirtin kindgerechte Konzepte entwickelt.
Für die Kleinsten gibt es eine Spielstraße oder ein meterhohes
Bilderbuch, das einen historischen Bauernhof mit all seiner Vielfalt
zeigt. Die Kinder erhalten landwirtschaftliche Produkte, für die sie
die passenden Plätze finden sollen. "Die Milch zu den Kühen, Gemüse in
den Garten oder Bettfedern zu den Gänsen," nennt die selbstbewusste
Bäuerin einige Beispiele. Im Anschluss erklärt sie ihren Zuhörern,
warum sich moderne Landwirte spezialisieren müssen, um zu überleben.
"Ganz begeistert sind die Kleinen, wenn sie selbst Getreide mahlen
dürfen und ihre eigenen Brotfladen backen dürfen" Und genau darum geht
es der Pädagogin: "Die Kinder sollen Zusammenhänge erfahren. Sie sollen
lernen, wie aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen Lebensmittel werden."
Für größere Kinder hält sie ein Quiz parat, demonstriert
Schweinehaltung auf Spaltenböden oder Stroh, regt jede Menge Fragen an
und lässt Zeit für Diskussionen. Und die Schweine? "Die bleiben im
Anhänger. Sonst wäre der Stress zu groß," nimmt Gronbach die
Bedürfnisse ihrer Tiere ernst. Doch Quizfragen garantieren sogar
Hautkontakt im Hänger: "Wie fühlt sich die Haut im Nacken der Ferkel
an?"
Bis zu dieser Angebotspalette war es ein langer und nicht immer
leichter Weg. Vor 20 Jahren hat Kerstin Gronbach als Nicht-Landwirtin
auf einen Hof eingeheiratet. "Als Quereinsteigerin habe ich alles mit
anderen Augen gesehen", erinnert sie sich. "Schon bald habe ich mit
Feriengästen und Kindern geschafft und gemerkt, wie wissbegierig gerade
Kinder sind. "Ich will, dass die Leute einen Bezug zur Landwirtschaft
bekommen. Wenn er fehlt, fehlt auch das Verständnis für die Erzeugung
von Lebensmitteln und für die Bauern", so ihr Credo.
Auch massive Kritik ist ihr nicht fremd. Einige Bauern hätten erzählt,
dass sie viel rede und wenig von Landwirtschaft verstehe. Doch Kerstin
Gronbach ist keine Frau, der man so leicht den Wind aus den Segeln
nimmt. Im Gegenteil. Zusammen mit Lehrern der Realschule Blaufelden
entwickelte sie unbeirrt pädagogische Konzepte. "Dann war die Zeit
reif," erzählt sie nicht ohne Stolz, "zu den Kindern zu fahren". Nicht
zuletzt der jüngst abgeschlossene Werkvertrag bestätigt die elanvolle
Frau auf ihrem Weg.