Der Handel muss mitmachen

Das Thema Tierwohl liegt den Landwirten am Herzen: Nach dem Vortrag von Professor Dr. Harald Grethe haben die Tierhalter in Wolpertshausen noch eifrig diskutiert. Fotos: Ute Schäfer

Einen hochkarätigen Referenten hatte der Bauernverband Hall-Hohenlohe-Rems zu seiner Ortsobmännerversammlung geladen: Dr. Harald Grethe, Professor in Hohenheim und Berater der Bundesregierung.

 

von Ute Schäfer, Haller Tagblatt am 2.12.2015

Grethe begann mit einem dicken Lob für den Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems: Nirgendwo sonst sei ihm schon in der Einladung so ausführlich dargelegt worden, worüber man diskutieren wolle und was Grundlage eines Positionspapiers sein solle: das aktuelle Gutachten "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptieren Nutztierhaltung" des wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik (WBA) der Bundesregierung, dessen Vorsitzender Grethe ist.

 

"Deshalb freue ich mich sehr, hier zu sein", sagte Grethe, denn genau diese Diskussion sei einer der zentralen Forderungen des Gutachtens. Nur so könne ein gesellschaftlicher Konsens entstehen, wie zukünftig mit dem Thema Tierwohl umzugehen ist. Denn Anspruch und Wirklichkeit klafften oft auseinander.

 

"Jeder will mehr Tierwohl", sagte Grethe - die Landwirte, die Tierärzte, der Handel und nicht zuletzt der Verbraucher. Zwar sei vielleicht ein Viertel der Verbraucher bereit, mehr für besser produziertes Fleisch zu zahlen. "Vergleichsprodukte wie zum Beispiel Eier legen den Schluss nahe." Doch das allein ist zu wenig. Auch der Handel müsste mitmachen, sagte Grethe. Er könne zum Beispiel Fleisch aus Tierhaltung, die das Tierwohl nicht im Fokus hat, auslisten. "Bei den Eiern aus Käfighaltung ging das ja auch." Positiver Nebeneffekt: Eine Auslistung würde den deutschen Markt vor billigen Produkten aus dem Ausland schützen. Denn eines sei klar: Eine Verbesserung des Tierwohls nur per Gesetz nütze nichts. Da weiche der Markt aus. "Und dann steht hier bald kein Tier mehr in den Ställen."

 

So lauten die Kernbotschaften des Gutachtens: Mehr Tierschutz ist notwendig und machbar, aber nicht umsonst. Doch wenn das Tierwohl gewollt ist, ist es finanzierbar. "Das klingt jetzt banal", sagt Grethe, "das ist es aber nicht." Denn schließlich seien die Systeme komplex, der Weltmarkt beherrschend. Der WBA habe jedoch Vorschläge erarbeitet, wie die Zahlungsströme aussehen könnten, die das teurere, unter höheren Tierschutzbedingungen produzierte Fleisch stützen. Wichtig sei auch, die Zeitspannen zu beachten, die solche Änderungen bräuchten - nämlich mindestens 20 Jahre, was unter anderem an den langfristigen Abschreibungen liegt. Auch aus diesem Grund brauche es für eine "Richtungskorrektur" in Sachen Tierschutz verlässliche Rahmenbedingungen und einen breiten Konsens über Parteigrenzen und Legislaturperioden hinweg.

 

Landwirtschaft sei noch nie das gewesen, was die Werbung vorgaukele oder was in Kinderbüchern transportiert werde. Landwirtschaft sei ein Wirtschaftszweig, wie der Name schon sage. Effizienz und Produktivität seien wichtige Faktoren, hieß es in der Versammlung.

 

Der Bauernverband Hall-Hohenlohe-Rems will das Seine zur Diskussion beitragen. Zu den Ortsobmännern sagte Vorsitzender Klaus Mugele, sie sollten das Gutachten in ihren Ortsverbänden diskutieren und dem Bauernverband Rückmeldung geben. "Wir müssen uns jetzt über unsere Positionen klarwerden. Denn wir in Hohenlohe wollen auch in Zukunft Tiere halten. Wo sonst sollen sie denn wachsen, wenn nicht in Oberschwaben oder hier?"

 

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Zusatzinfo:

Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung

 

Ställe Das Thema Tierwohl hat nichts mit dem Begriff Massentierhaltung zu tun. "Massentierhaltung ist ein Kampfbegriff aus dem Wahlkampf", sagte Professor Dr. Grethe. Das Problem der heutigen Tierhaltung liege unter anderem an den reizarmen Ställen, egal, wie viele oder wenige Tiere darin stehen, erklärte Grethe.

 

Klima Zu einer Haltung, die das Tierwohl berücksichtige, gehörten deshalb unterschiedliche Bodenbeläge und Klimazonen - möglichst mit Zugang ins Freie, Materialien zur artgerechten Beschäftigung und Körperpflege, genügend Platz "und ein gutes Management". Auch das wird im Gutachten "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" thematisiert. Das Gutachten ist im Internet abrufbar: www.bmel.de uts

 

SWP

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